ABI '96 Rede
8.6.1996
von Susanne und Carsten Hallo erstmal!
Auch von Schülerseite freuen wir uns, Sie heute hier begrüßen zu dürfen.
Es ist ein wichtiger Tag für uns, nicht nur weil die EM heute angefangen hat.
Doch der 8.6. hatte im Verlauf unseres Jahrhunderts schon immer eine besondere Bedeutung.
So zum Beispiel wäre heute das 129jährige Krönungsjubiläum in Budapest (wenn auch nicht in Anwesenheit Kaiser Franz Josefs, wie 1907).
1929 erhielt erstmals eine englische Frau einen Ministerposten,
1933 verliert Max Schmeling den WM-Ausscheidungskampf gegen Max Baer in New York durch K.O. in der 10. Runde,
am 8.6.1937 wurde "Carmina Burana" von Carl Orff in Frankfurt am Main uraufgeführt
und heute ist der heißeste 8.6. seit ... Jahren!
Eine weitere Besonderheit dieses denkwürdigen Tages ist, daß es ein Samstag ist und wir uns in der Schule befinden.
Das ist während unserer gesamten Schulzeit nur einmal vorgekommen, nämlich als wir aufgrund von Bombenalarm den versäumten Unterricht an einem Samstagvormittag nachholen mußten.
Es ist demnach also unser zweiter Samstag in der Schule und unsere letzte schulische Veranstaltung überhaupt.
Was den Unterschied zu den bisherigen Veranstaltungen ausmacht, ist sicherlich, daß alle gerne da sind.
Niemand wird Entschuldigungsschreiben einreichen, mit Begründungen wie zum Beispiel: Kopfschmerzen, Heiserkeit, Bauchweh ... familiäre Angelegenheiten, verstauchter Fuß, Wecker hat nicht geklingelt oder einfach ... Krankheit.
Vor ungefähr 9 Jahren befanden sich die meisten der Anwesenden an gleicher Stelle, hier in der Aula, was zu der Zeit nicht selbstverständlich war, da bis dahin die Einschulungen im Hörsaal stattgefunden hatten. Genauso eine Premiere wie für die Aula war es für Herrn Botha und uns, denn er wurde gleichzeitig mit uns hier eingeschult.
Damit begann für uns die gymnasiale Laufbahn.
Damals in der Unterstufe haben wir noch ehrfürchtig zu den Lehrern heraufgeschaut
(auch im wörtlichen Sinn). Gemeinsame Erfahrungen aus Unter- und Mittelstufe halfen, uns näherzukommen.
Wir verstanden uns als den " ärmsten Jahrgang überhaupt", zumindest was unsere Benachteiligung bei Klassenfahrten betraf.
Wir stiegen in die 6. Klasse auf, da wurde in der 5. eine Klassenfahrt eingeführt.
Wir kamen in die 9. Klasse, da raubte uns die Wiedervereinigung, über die sich sonst alle freuten, die Chance der traditionellen Berlin-Fahrt.
Doch damit nicht genug!
Die Studienfahrten im 12. Jahrgang wurden uns ebenfalls gestrichen. Erst nach harten Kämpfen konnten wir sie dann in 13 innerhalb von 6 Wochen unter widrigen Umständen organisieren.
Ansonsten waren wir uns in nicht vielen Dingen einig.
Extrem voneinander abweichende Musikgeschmäcker führten zu Reibungen, was die Musik in unserem chaotischen aber gemütlichen Oberstufenraum betraf.
Die schönsten Auseinandersetzungen innerhalb unseres Jahrgangs gab es aber regelmäßig bei der Frage, ob die Fenster im Unterricht geöffnet oder geschlossen sein sollten.
Doch trotz dieser Streitigkeiten traf man sich im laufe der Zeit mit allen spätestens am
- quasi zum Schulgelände gehörenden - Immenhof wieder.
Einer Meinung waren wir uns auch darin, daß wir uns schwer an den Gedanken gewöhnen konnten, für die letzten Tage unserer Schulzeit eine andere Schule zu besuchen, wenn auch nur dem Namen nach.
Eine Übereinstimmung war ebenfalls bei verschiedenen Kurstreffen zu entdecken.
Das typische Kurstreffen bestand aus Pizzaessen, und Tabu oder Outburst spielen.
Ziemlich bald brachten uns die Lehrer von dem Gedanken ab,
daß die Schule hauptsächlich eine gesellschaftliche Veranstaltung sei. Jetzt - in diesem Moment - befindet sich das jahrelang scheinbar immer in der Ferne
gelegene Abitur im wahrsten Sinne des Wortes in greifbarer Nähe.
Wider des Erwartens unter anderem auch der Eltern, die meinten
"Jetzt, wo du nach dem Abitur so viel Zeit hast, kannst du ja den Rasen mähen und das Auto waschen,"
befanden wir uns nach dem Schulstreß im Organisationsstreß.
Eine ungeahnte Fülle von Aufgaben erwartete uns, der wir erstmal mit der Gründung diverser Komitees begegneten.
Dabei haben wir erstaunliche Kreativität bewiesen:
So gab es: das Abibuchkomitee, das Abistreichkomitee, das Abiballkomitee, das Abishowkomitee, das Abifahrtkomitee, das Abishirtkomitee, und das Abiredekomitee.
Nun sollte man denken, daß das ausreichend war, aber es waren noch verschiedenste Subkomitees von Nöten.
Wer unseren Jahrgang kennt, der weiß, daß wir natürlich trotzdem noch genügend Zeit zum Feiern gefunden haben.
Wahnsinnig lustige BSE- Parties störten die Ruhe der Nachbarn und wir wollen versuchen unser Feierverhalten auf dem Lehrgang " Besser feiern in 7 Tagen" in Dänemark - zu vervollkommnen.
Unsere Schulzeit hat nur so erfolgreich ihren Abschluß finden können,
da sich uns von vielen Seiten helfende Hände entgegenstreckten. Unser Dank gilt auch unseren Sekretärinnen, zu denen wir jederzeit mit unseren Problemen und Problemchen kommen konnten.
Die Hausmeister waren in praktischen Fragen immer für uns da;
genauso wie die Cafeteria-Mütter in Fragen des leiblichen Wohls.
Eine Oase der Abwechslung von Schulalltag bot uns das JFH- Team ab der Mittagszeit, was wir dankbar in Anspruch nahmen.
Einige Mitschülerinnen und Mitschüler haben besonders viel Zeit und
Arbeit in die verschiedensten Komitees investiert; ihnen gilt unser anerkennender Dank. Die jahrelange ehrenamtliche Arbeit von Elternvertretern und Schulverein wollen wir JETZT ENDLICH honorieren.
Wenn die Schule mit dem Klingeln zu Ende war, traten Menschen in den
Vordergrund, deren Anwesenheit uns selbstverständlich erscheint. Danke Eltern! Ihr seid klasse!
Die Frage "Abi- und dann?"
stellten sich die meisten wahrscheinlich seit wenigstens 2 Jahren, und eigentlich wissen jetzt alle "WAS", bloß nicht "WIE" es sein wird.
Wenn man dieser Ungewißheit am Ende seiner Schulzeit gegenüber steht, wird einem bewußt, was die Ordnung der Schule für sich hatte.
Die oft und gerne hinterfragten Regeln gaben - aus dieser Perspektive betrachtet - jahrelang zumindest einen klar umrissenen Rahmen.
Dieser gab uns vor, wann und wie wir zu lernen und uns zu benehmen hatten und sah entsprechende Folgen vor. Dadurch entstand eine Gewißheit, die uns jetzt erstmal fehlen wird.
Besonders diejenigen, die anschließend einen längeren Auslandsaufenthalt
planen, werden sich mit dieser Herausforderung konfrontiert sehen. Der heutige Abend markiert das Ende unserer Schulzeit, das bedeutet In diesen 16 Jahren sind wir zu dem Ergebnis gekommen:
Die Erfahrungen, die wir machten, bestanden hauptsächlich darin, daß wir wieder die
Kleinsten der Schule waren.
Außerdem erfuhren wir von Phänomenen, von denen wir nie geträumt hätten, wie:
größter gemeinsamer Teiler,
Punkt-vor-Strich Rechnen,
going-to-future und dem Plusquamperfekt.
Abgerundet wurde die Unterstufe durch Klassenfeste und Wandertage.
In der Mittelstufe hatten wir naturgemäß WICHTIGERE Dinge im Kopf
als schulische Pflichten.
Die meisten werden sich an heimliche Immenhofbesuche während der Schulzeit
und kollektive Schwänzversuche erinnern.
Gerade als das Gymnasium nach 6 Jahren langweilig zu werden drohte, entschieden
sich alle zu einer 3jährigen freiwilligen Verlängerung, der Oberstufe.
Diese brachte uns etliche begrüßenswerte Neuerungen:
Man konnte Kurse und Lehrer selbst auswählen und Fächer in begrenztem Maße
abwählen.
Es gab teilweise euphorische Ausbrüche, als nach langen Jahren z. B. das Fach
Physik abgewählt werden durfte.
Somit hatten wir gleich am Anfang ein erstes gemeinsames Erlebnis.
Wir begannen uns über die alten Klassen hinaus kennenzulernen und anzufreunden...
...unser Jahrgang war geboren!
Gleichzeitig mit dem Eintritt in die Oberstufe sollten wir beginnen auf das in
der Ferne drohende Abitur hinzuarbeiten ...
... was wir dann auch mehr oder weniger taten.
Mit dem Näherrücken der Abiturprüfungen wurde mehr und mehr deutlich, was
für ein großes Interesse die Lehrer daran hatten, daß wir erfolgreich abschneiden.
Das kann man unter anderem daran sehen, daß auch extrem kleine Kurse am
Leben erhalten wurden.
Im übrigen ist das Ergebnis ja bekannt:
Von den ehemals 70 eingeschulten Fünftklässlern haben alle 56 zur Abiturprüfung
angetretenen die erforderlichen 280 Reifeprüfungspunkte erreicht und somit bestanden.
Von der Seite der Lehrer erhielten wir während der gesamten Schulzeit stetige Unter-
stützung in vielerlei Hinsicht, die besonders beim Abitur deutlich spürbar wurde.
Im Namen unseres Jahrgangs bedanken wir uns dafür ganz herzlich.
Dieser gebührt auch einigen Eltern, die sich in diesem Zusammenhang überdurchschnittlich
für uns stark gemacht haben.
Sie teilen Frust und Freude mit uns und brachten uns in jeder noch so verfahrenen
Situation Verständnis entgegen.
Dafür brauchten sie keinen Stundenplan.
Sie gaben uns rund um die Uhr liebevollen Rückhalt.
Daß die Wege eines guten Teils unseres Jahrgangs ins Ausland führen,
ist bezeichnend dafür, daß sich die Wege des Jahrgangs trennen.
Das ist zwar der natürliche Lauf der Dinge, aber es ist trotzdem schade,
da sich unser Jahrgang gegen Ende der Oberstufenzeit untereinander am besten
verstanden hat.
... An dieser Stelle wünschen wir Euch schon mal alles Gute und viel Glück auf Euren Wegen!
4 Jahre Grundschule,
9 Jahre Gymnasium und
3 Jahre Oberstufe.
ABI kann man machen - muß man aber nicht!
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